5. APRIL 2014 BIS 2. NOV. 2014 und
11. APRIL BIS 1. NOVEMBER 2015

VOLKSKUNDE MUSEUM | Monatsschlössl Hellbrunn
5020 Salzburg 

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ÖFFNUNGSZEITEN
1. April bis 2. November Täglich 10–17.30 Uhr (Winter geschlossen)


BILDERGALERIE


Operation Goldhaube – Tradition und Zeitgenössische Kunst

Wilhelm Scheruebl
Zurück in die Zukunft

Fast alle der im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung befragten Goldhaubenfrauen wünschen sich in den Vereinen neue und vor allem jüngere Mitglieder. Ein Grund für das relativ hohe Durchschnittsalter ist sicher, dass es für heutige Frauen mit Familie zeitlich eher schwierig ist, aktives Mitglied in einem Verein zu sein. Zudem sind Goldhauben in der Herstellung wie in ihren Materialien sehr aufwändig und kostenintensiv.

„struktur / schwarz“

Wilhelm Scheruebl betrachtet die Goldhauben im Durchlicht, und so erscheint das glänzende Gold plötzlich schwarz. Mit der Rhythmik seiner Malerei folgt er der organischen Struktur der Hauben. Der Künstler überzieht Hüllen mit lichtdurchlässigen, durchbrochenen Ornamenten, ähnlich einer Membran, und es entsteht ein blickdurchlässiges Objekt. Der Betrachter erhält durch den gefilterten Blick eine neue Sicht und vielleicht auch eine neue Sichtweise auf die Dinge.

„struktur / aurum“

Wilhelm Scheruebl überzieht sein Objekt mit organischen Flächenstrukturen aus Gold. Durch die metallische Glanzwirkung des Blattgoldes entstehen gemeinsam mit den freien Glasflächen faszinierende Wirkungen auf unterschiedlichen Ebenen. Der Künstler gewährt dem Besucher einen eingeschränkten Blick von außen nach innen, und so schaut man am wertvollen Material vorbei ins scheinbar Leere.

Wilhelm Scheruebl wurde 1961 in Radstadt geboren. Studium an der Akademie der bildenden Künste, Wien. Diplom bei Bruno Gironcoli. Zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland. Lebt in Radstadt.
  
  

Ulrike Stubenböck
Unter der Haube

Äußerst aufwändig und teuer ist die Herstellung des „Linzer Modells“, das auch die meisten Salzburger Goldhaubenfrauen tragen. Einige Vereinsmitglieder haben ihre Hauben selbst gefertigt, viele sind gekauft oder ein Geschenk von Müttern, Schwiegermüttern oder Männern. Allein das Material für eine Goldhaube kostet ca. 1.200 Euro. Dazu kommen 300 teure Arbeitsstunden, die man zur Fertigung eines solchen Unikats braucht. Auf einen breiten Stoffstreifen werden Pailletten, Spiralfäden (Bouillon) und Fäden aus Gold gestickt und diese dann um das Gittergerüst der Haube genäht. Am Ende sind dann die unbedingt verheirateten Goldhaubenfrauen doppelt unter der Haube.

„Die goldene Haube“

Ulrike Stubenböck nähert sich in ihren gezeichneten und fotografierten Studien der Haube als Objekt. Sie zeichnet mit mikroskopischem Blick, stellt Details in den Vordergrund oder löst sie im Hintergrund auf. Mit ihren Studien untersucht sie zeichnerisch und fotografisch Symbolik, Materialität, Konstruktion, Ornament, Farbigkeit und Form der historischen Goldhauben. Parallelen erzeugt sie durch die Darstellung eines Falken mit goldener Falkenhaube. Der Falke, Inbild eines edlen und mächtigen Tieres, steckt blind und seiner Freiheit beraubt unter der Haube.

Ulrike Stubenböck wurde 1958 in St. Anton am Arlberg geboren. Studium an der Kunstuniversität Mozarteum, Salzburg. Diplom bei Peter Prandstetter. Zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland. Lebt in Telfs.
  
  

Erich Gruber
Über den Wolken …

In die Goldhaubenvereine werden nur verheiratete Frauen aufgenommen – so stand es früher in den Statuten. Heute nimmt man es im Fall von Geschiedenen mitunter nicht mehr so genau. Musste man früher für die Aufnahme eine gläubige Katholikin sein, so gibt es mittlerweile eine bunte Mischung unterschiedlicher Konfessionen. Dass die Vereine trotzdem nicht mehr ganz am Puls der Zeit sind, hängt vielleicht mit dem Durchschnittsalter ihrer Mitglieder zusammen, das zwischen 60 und 70 Jahren liegt.

„Tapete" / „Operation Goldhaube“

Der Künstler Erich Gruber lässt mit seiner Arbeit den Gedanken des Betrachters freien Lauf. Der Besucher selbst kann die Stimmung im Raum spüren, den Dialog mit den ausgestellten Exponaten erkennen und Zusammenhänge vermuten.

Erich Gruber wurde 1971 geboren. Aufgewachsen in Bischofshofen. Studium an der Kunstuniversität Mozarteum, Salzburg. Zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland. Lebt in Salzburg. Vertretung: Galerie Heike Curtze und Petra Seiser, Wien.
  
  

Hauenschild Ritter
Gemeinsam sind wir ...

Die Gemeinschaft ist der zentrale Grund für den Beitritt zum Verein der Goldhaubenfrauen. Der Auftritt im Kollektiv stärkt die Frauen und lässt sie sehr selbstbewusst und emanzipiert erscheinen. Persönliche Individualität scheint auf den ersten Blick schon rein äußerlich auf einen Mittelwert nivelliert. Traditionell sind die fünf Accessoires Handschuhe, Beuteltasche, Schmuck, Schirm und Schultertuch, weitere mögliche Attribute sind Gebetbuch, Rosenkranz und Blumensträußchen. In den Vereinen werden intern die wichtigen Details diskutiert, etwa welche Farbe die Stutzen haben müssen und ob Schminke erlaubt ist.

Hauenschild Ritter zeigen mit ihren Arbeiten den prozessionsartigen Zug der Goldhaubenfrauen. Die Vielschichtigkeit ihrer Grafiken lässt in den stofflichen Strukturen eine endlose Tiefe entstehen. Individualisiert sind hier vor allem die Gesichter, die aber dann doch durch ihre reglos wirkende Mimik alle ähnlich wirken. Durch das Einblenden sanft befremdlicher Bilder wie etwa dem Wilderer oder dem Jäger ergibt sich eine paradoxe Wendung ins Reale.

Peter Hauenschild, geboren 1958 in Linz. Studium Visuelle Gestaltung an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung, Linz. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland.

Georg Ritter, geboren 1956 in Linz. Studium Bühnenbild an der Kunstuniversität Mozarteum, Salzburg und Visuelle Gestaltung an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung, Linz. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland.
  
  

Miriam Bajtala
No way in

Wir dürfen uns behütet fühlen, denn das Österreichische Bundesheer überwacht den österreichischen Luftraum mit einem Netz aus Radargeräten. Dieses Verteidigungssystem trägt den schönen Namen „Goldhaube“. Aus der Haube wird unversehens ein nationaler Schutzhelm. Ein ähnlich effizientes Netzwerk der Goldhaubenfrauen innerhalb Österreichs ist leider nicht bekannt. Eine einschlägige Befragung zur Lage innerhalb Österreichs und Salzburgs zeigte einen sehr bescheidenen Austausch. Ab und zu trifft man sich bei Veranstaltungen und eher selten zu gemeinsamen Ausflügen.

Die titelgebende Videoarbeit der Ausstellung „Operation Goldhaube“ stammt von Miriam Bajtala und wurde 2005 im Auftrag der Österreichischen Luftstreitkräfte (Konzept „section.a“) als Gegenüberstellung zu Arbeiten des Luftfahrtfotografen Katsuhiko Tokunaga entwickelt. Die Künstlerin hat einen Raum mit Wandhaken präpariert und insgesamt elf Grundwehrdiener aufgefordert, eine je einen Kilometer lange Schnur durch den Raum zu spannen. Diese Vernetzung des Raums wurde filmisch und fotografisch dokumentiert. Der Künstlerin gelingt es damit, die örtliche und geistige Vernetzung struktureller Prozesse sinnlich erfahrbar zu machen.

Miriam Bajtala wurde 1974 in Bratislava geboren. Studium an der Akademie der bildenden Künste, Wien. Diplom. Zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland. Lebt in Wien und Linz.
   
   
transparadiso
Je suis arabe_ein Recht auf Poesie

Das Wiener Künstlerkollektiv transparadiso, bestehend aus der Künstlerin Barbara Holub und dem Architekten und Urbanisten Paul Rajakovics entwickelte für die Ausstellung „Operation Goldhaube" des Volkskunde Museum im Monatsschlössl eine künstlerische Intervention, die zur Eröffnung am 11. April 2015 im öffentlichen Raum in Salzburg aufgeführt wurde. 

Die Performance „Je suis arabe_ein Recht auf Poesie“ interpretiert die Goldhaube in ihrer Ambivalenz zwischen traditionellem Kulturgut und dem danach benannten österreichischen Luftraumüberwachungssystem. Mit Spezialgoldhauben in Form von vergoldeten Satellitenschüsseln, die mit CB-Funk ausgestattet sind, wurde das Gedicht „La volonté de vivre“ („Der Wille zum Leben“) des tunesischen Schriftstellers Abou el Kazem Chebbi, das auch eine wesentliche Rolle für den arabischen Frühling spielte, abwechselnd im arabischen Original und in deutscher Übersetzung in den öffentlichen Raum in Salzburg (Monatsschlössl/Volkskundemuseum in Hellbrunn sowie vor und in der Schwarzenbergkaserne – an jenen Ort, an dem die Goldhaube als Luftraumüberwachungssystem erstmals getestet wurde) übertragen. Die Intervention greift vielfach politisch missbrauchte Emotionen wie „Heimatliebe“ und „Fremdenangst“ auf und stellt der Verteidigung der „Festung Europa“ ein zentrales Werk arabischen Kulturguts, das im europäischen Raum weitgehend unbekannt ist (sodass es nur eine unvollständige Übersetzung auf Französisch und schon gar keine vollständige Übersetzung auf Deutsch gibt) gegenüber.
Textquelle: portfolio_barbara_holub_2020w.pdf 

>> performance

Barbara Holub, geboren in Stuttgart, studierte bis 1987 Architektur an der TU Stuttgart. 2018 schloss sie ihre Dissertation „Direkter Urbanismus. Die Rolle von Kunst und künstlerischen Strategien für gesellschaftlich engagierte Stadtplanung“ an der TU Wien ab. Umfassende Tätigkeit als Gastprofessorin und Jurorin, Kuratorin von Kunstprojekten und Entwicklung von Konzepten für Kunst im öffentlichen Raum. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Wien.
Paul Rajakovics, Architekt und Urbanist, studierte Architektur an der TU Graz. Zahlreiche Forschungsprojekte und Realisierungen zwischen Architektur, Kunst, Städtebau und urbanen 1:1- Interventionen. Vorträge, Workshops, Symposien und Publikationen in den Bereichen Architektur, Wohnbau, Städtebau und Stadtforschung mit dem Fokus auf urbane und künstlerische Interventionen. 
1999 gründeten beide das Künstlerkollektiv transparadiso in Wien.

Salzburg Museum